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Was versteht man unter „Systemischer Paartherapie“

In unserer verwissenschaftlichten Gegenwart sind wir es gewohnt in linearen Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen zu denken. Übertragen auf Beziehungskonflikte hieße das, es gäbe für jedes Problem immer eine eindeutige Ursache - und damit auch einen Schuldigen oder zumindest eine klar abgrenzbare auslösende Situation. Beziehungen funktionieren jedoch nicht linear, sondern zirkulär, was so viel wie wechselseitig bedeutet. In der Praxis bedeutet das, dass Probleme durch sich gegenseitig bedingende Verhaltensmuster entstehen und sich dann mit der Zeit zu recht stabilen Konfliktthemen entwickeln, die zunehmend als leidvoll empfunden werden.

 

In der von mir bevorzugten „Systemischen Paartherapie“ geht es - vereinfacht gesagt - um zwei verschiedene „Systeme“, von denen Paarbeziehungen entscheidend bestimmt werden. Das ist zum einen das Familiensystem der sogenannten „Herkunftsfamilie“ jedes Partners. Insbesondere kindliche Beziehungserfahrungen sowie früh gelernte Rollen- und Verhaltensmuster prägen, aber begrenzen auch entscheidend die Möglichkeiten der Beziehungsgestaltung. Systemische Paartherapie macht diese von beiden Partnern jeweils in die Beziehung eingebrachten Chancen und Grenzen transparent und ermöglicht so ein schrittweises Verändern von Konfliktmustern bzw. Überwinden alter Schutzmechanismen.

 

Zum anderen steht das „Kommunikationssystem“ des Paares im Mittelpunkt der Paartherapie. Dabei ist Kommunikation sehr umfassend zu verstehen (z.B. ist auch Sexualität Teil des partnerschaftlichen Kommunikationssystems). Schon in unserem Alltag kommunizieren wir - verbal und non-verbal - nahezu ununterbrochen, was nicht selten zu Missverständnissen führt. Speziell partnerschaftliche Kommunikation eskaliert oft in wenigen Sekunden und dies hat in der Regel eine weit zurück reichende Historie in der Beziehung. Insofern gibt es bei einem Konflikt selten einen eindeutigen Auslöser, sondern er ist immer das Ergebnis eines Prozesses, an dem beide Partner ihren Anteil haben.

 

Das Verstehen von Sinnstrukturen und Grundbedürfnissen der beiden Partner erweist sich meist als Voraussetzung für Veränderungen. So umfasst - nach Auffassung der renommierten schweizerischen Paartherapeutin Rosemarie Welter-Enderlin - die systemische Paartherapie: das Individuum in seinen sozialen Systemen (Familie, Arbeit und Freundeskreis), seine persönliche Biografie, seine Annahmen über sich und die Welt, seinen Körper und seine Gefühle.

Die Liebe ist die kleine Schwester des geliebten Lebens!

(Botho Strauss)

Erdmännchen